Chagall (*7.7.1887 in Witebsk. und am 28.3.1985 gest. in St. Paul de Vence) wuchs als ältestes von neun Kindern einer jüdischen Familie in ärmlichen Verhältnissen auf. Der Vater war Arbeiter in einer Heringsfabrik, die Mutter besserte das Auskommen durch einen kleinen Kramladen auf.
Juden waren im zaristischen Russland nur geduldet, ihr Leben war von großer Armut geprägt. Die meisten Juden im Osten gehörten der Glaubensbewegung des Chassidismus an. Der Chassidismus zielte darauf ab, die Religion vom Gefühl her lebendig zu gestalten. Die Chassidim gingen davon aus, dass gerade unter kärglichen Lebensbedingungen das Glück der Gottesbegegnung wartet. Charakteristisch für sie war die Freude an Gottes Wort. Dieser Freude wurde in fröhlichen Gesängen und ekstatischen Tänzen in der Synagoge Ausdruck verliehen. Die Heimatstadt Witebsk und der chassidische Glaube waren der Nährboden für Chagalls Kunst. Hier haben der tänzerische Überschwang und die ekstatische Farbgebung seiner Bilder ihre Wurzeln.
Bereits 1910 verließ Chagall Russland, um die Werke der westlichen Avantgarde in Paris zu studieren. Die Arbeiten Cezannes, Gaugins und Van Goghs beeindruckten ihn sehr und beeinflussten auch sein künstlerischen Schaffen. Dennoch blieb Chagall künstlerisch ein Einzelgänger, der sich keiner Stilrichtung zuordnen lässt.
Schon 1912 nahm Chagall am Pariser Herbstsalon teil und hatte 1914 (mit 27 Jahren!) bereits seine erste Einzelausstellung in Berlin, die ihn in ganz Europa bekannt machte.
1941 wurde Chagall gezwungen in die USA zu emigrieren. Aus der Ferne musste er miterleben, wie nahezu das gesamte Ostjudentum unterging, wie Freunde und Verwandte unter schrecklichen Qualen vernichtet wurden und dass seine Heimat zerstört wurde. Interessant ist, dass Chagall sich in dieser Zeit besonders stark der biblischen Thematik zuwandte: Viele Bilder mit dem Motiv des Gekreuzigten entstanden, Bilder, die das Leiden des jüdischen Volkes zum Thema haben.
1947 kehrte Chagall nach Frankreich zurück mit der Vision, Bibel zu malen, weil er davon überzeugt war, dass so viel Grausamkeit nur Menschen begehen konnten, die die Bibel nicht kannten. Chagall setzte sich zum Ziel, Menschen unserer Zeit, denen es schwer fällt Bibel zu lesen, weil sie eher einen Zugang über das Visuelle haben, Hilfen zu geben, die Bibel vom Bild her zu entdecken. Das biblische Thema, dem er sich 1930 zum ersten Mal zugewandt hatte, sollte von nun für mehrere Jahre an einen breiten Raum in seinem Schaffen einnehmen. Er schuf großformatige Ölgemälde, Radierungen und Lithographien biblischer Thematik, außerdem eine ganze Reihe von Glasfenstern. Chagall stiftete seine biblischen Bilder dem französischen Staat, der dafür eigens ein Museum ('Message Biblique', Nizza) errichtete. Mit weit über 80 Jahren gestaltete Marc Chagall Glasfenster für die Kirche St. Stefan, Mainz und schuf damit ein großartiges Zeichen der Versöhnung zwischen dem jüdischen und dem deutschen Volk.
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