„DA HILFT NUR NOCH BETEN“

GEISTLICHES WORT ZUM SONNTAG ROGATE (17.05.2020) VON OKR MATTHIAS KREPLIN

„Da hilft nur noch beten“ – wird manchmal gesagt. Und zwar dann, wenn die Katastrophe unabwendbar scheint und nur noch ein Wunder helfen kann. Dann, wenn unsere Möglichkeiten am Ende zu sein scheinen. Ist Beten nur dann eine Option, wenn wir nicht mehr weiter wissen mit unserem Latein?

Wann hilft eigentlich beten? Und wie hilft beten? Eine Frage, die sich jedes Jahr zum 5. Sonntag nach Ostern stellt. Denn er trägt den Namen Rogate, das heißt: betet. 
Historisch kommt diese Ausrichtung aufs Beten am 5. Sonntag nach Ostern aus den Bittprozessionen, die nach den Eisheiligen in den Tagen vor Himmelfahrt durch die Felder zogen, um für eine gute Ernte zu bitten. Etwas, das uns heute fremd geworden ist. Denn für gute Ernten sind Dünger und Pflanzenschutzmittel, Bewässerung und hochgezüchtetes Saatgut verantwortlich. Und wenn es ganz schlimm kommt, gibt es immer noch eine Ernteausfallversicherung. Da braucht es keine Bittprozessionen mehr.

Und dieses Jahr, in Zeiten von Corona? Da helfen wissenschaftliche Studien zur Ausbreitung des Virus. Da setzen alle ihre Hoffnung auf einen Impfstoff, entwickelt in High-Tech-Laboren. Kaum einer kommt auf die Idee, Bittprozessionen oder eigene Bittgottesdienste abzuhalten. Fällt Beten aus der Zeit? Ein Relikt aus einer vormodernen Welt, in der Menschen nicht verstanden, wie die Welt funktioniert und sich deshalb in ihrer Ohnmacht an Gott wandten. Und kommen wir deshalb nur noch dann zum Beten, wenn wir selbst an einem solchen Punkt der Ohnmacht sind, wenn unsere Handlungsmöglichkeiten am Ende sind?

Beten ist mehr als eine Methode, um für eine gute Ernte, den glücklichen Ausgang einer Entwicklung oder die Abwendung eines Unheils zu sorgen. Bevor Beten die Welt verändert, verändert es uns selbst.

Im Gebet aller Gebete, im Vater unser – übrigens Predigttext in diesem Jahr am Sonntag Rogate – beten wir: „Dein Wille geschehe“ (Mt.6,10). Wir beten nicht: „Gott, erfülle unsere Wünsche“, sondern eben: „Dein Wille geschehe“. In einer der wenigen Szenen im Neuen Testament, in der wir Jesus selbst beten hören, in jener Nacht vor seiner Gefangennahme, in der Jesus vor Angst fast vergeht, wird dieses Gebet noch einmal weitergeführt, geradezu radikalisiert: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“ (Luk.22,42).

Wie kann Jesus in einer solche beängstigenden und bedrängenden Situation so beten? Weil er in aller seiner Angst und Bedrängnis darauf vertraut, dass Gott ihn auf einem Weg führt, der am Ende zum Guten führt. Oder vielleicht sollten wir besser sagen: Weil Jesus sich nach diesem Vertrauen sehnt, weil er vor lauter Angst und Befürchtungen dieses Vertrauen, das ihn auf seinem ganzen Weg immer wieder getragen hat, zu verlieren droht. Weil es so aussieht, als zerrinne es ihm wie Wasser zwischen den Fingern. Weil er die Erfahrung macht, dass er dieses Vertrauen nicht festhalten kann. Er betet, weil er glauben will und nicht kann. „Ich glaube, hilf (mir in) meinem Unglauben“ – so hat es einmal einer gesagt, dem Jesus begegnet ist (Mk.9,24). Und das ist nun seine Erfahrung im Garten Getsemani.
Und damit zeigt uns diese Szene, wie beten wirkt. Das Beten zieht uns hinaus aus der Enge in das freie Feld des Vertrauens. In jenem Feld, in dem wir erfüllt sind vom Zutrauen, dass Gott alles zu einem guten Ende führen wird, was auch kommen mag. Das Beten setzt den Glauben nicht voraus, das Beten schafft den Glauben, oder ist zumindest ein Suchen nach Vertrauen und Glauben.

Manchmal ist dieses Feld des Glaubens und des Vertrauens, des Zutrauens in Gottes Güte weit und geräumig wie eine weite Landschaft unter einem hohen Himmel. Dort fühlen wir uns zugleich frei und geborgen, glücklich und zufrieden. Und wenn wir uns in dieser weiten Landschaft bewegen, dann können wir uns gar nicht vorstellen, dass es jemals anders sein könnte. Und dann kommt es auch immer wieder vor – manchmal von einem Moment zum andern –, dass wir diese Weite verloren haben und uns eingesperrt fühlen in einer engen, dunklen Höhle. Nichts mehr ist selbstverständlich. Alle Sicherheit und Gewissheit ist verloren gegangen. Freiheit ist nur noch eine vage Erinnerung. Wir sind eingeschlossen in einer dunklen Höhle. Und das Beten ist dann der manchmal durchaus auch verzweifelte Versuch, durch einen Ritz im Fels wieder hinaus ins Freie zu kommen. Oder doch zumindest ein Stück vom Himmel wieder zu sehen.

Beten kann also viel bewirken. Was es bei Gott bewirkt, ob es bei ihm etwas verändert – das bleibt uns verborgen. Denn eigentlich weiß er ja schon längst, was wir brauchen (Mt.6,8). Aber bei uns und mit uns kann das Beten etwas bewirken. Es stärkt in uns das Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint, dass er alles zu einem guten Ende führt, was auch geschehen mag.

In Zeiten, in denen wir uns Sorgen machen, wie in diesen Zeiten der Pandemie, ist beten also ein Mittel gegen die Furcht und die Sorgen, ein Gegenmittel gegen die Angst. In Zeiten, als das Überleben im nächsten Winter noch vom Ausgang der Ernte abhing, blickten Menschen ganz anders als wir es gewohnt sind, mit Sorgen und Angst in die Zukunft. Und ich kann mir denken: Sie zogen nicht mit Bittprozessionen durch die Felder, weil sie meinten, sie könnten Gott damit gnädig stimmen und eine gute Ernte herbeiführen. Sie waren damals wahrscheinlich nicht so naiv, wie wir das häufig meinen. Ich kann mir vorstellen, dass sie vor allem deshalb durch die Felder zogen, um einander zu vergewissern: Gott lässt uns nicht im Stich, egal was kommen mag.

Wie könnte das heute gehen, in Zeiten von Corona – gemeinsam durch die Felder ziehen und Gott um seine Güte und sein Erbarmen anflehen?

Ein Morgengebet Dietrich Bonhoeffers aus der Zeit seiner Haft, gedacht als Einübung ins Beten (Quelle: Widerstand und Ergebung):

Gott, zu dir rufe ich am frühen Morgen
hilf mir beten und meine Gedanken sammeln;
ich kann es nicht allein
In mir ist es finster, aber bei dir ist Licht
ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht
ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe
ich bin unruhig, aber bei dir ist Frieden
in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist Geduld
ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den rechten Weg für mich.
Vater im Himmel,
Lob und Dank sei dir für die Ruhe der Nacht
Lob und Dank sei dir für den neuen Tag
Lob und Dank sei dir für alle deine Güte und Treue
in meinem vergangenen Leben.
Du hast mir viel Gutes erwiesen,
lass mich nun auch das Schwere aus deiner Hand hinnehmen.
Du wirst mir nicht mehr auferlegen, als ich tragen kann.
Du lässt deinen Kindern alle Dinge zum besten dienen.

Dr. Matthias Kreplin - Oberkirchenrat, Leiter des Referats 1 "Verkündigung in Gemeinde und Gesellschaft"

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